Die Komfortzone: stressfreier Ort oder Einöde?

„Wachstum findet nur außerhalb der Komfortzone statt!“, „ Das Leben findest du außerhalb deiner Komfortzone!“ und „Raus aus der Komfortzone, rein ins wahre Leben!“ sind Sätze, die ich häufig höre und lese. Die Komfortzone ist zu einem Ort geworden, den wir schleunigst verlassen sollten, wenn wir glücklich werden wollen. Oft ist es die Angst vor den Herausforderungen, die außerhalb unserer Komfortzone auf uns warten, die uns daran hindert, sie zu verlassen. Was können wir also tun? Was ist die Komfortzone überhaupt und könnte es sein, dass sie uns sogar dienlich ist?

Stell dir einmal deinen gemütlichsten Ort vor. Vielleicht ist es deine Hängematte im Garten, über die glitzert die Sonne durch die Blätter, ein frischer Saft und ein Buch – ah, herrlich! Hier passiert nichts Unvorhergesehenes, nichts, das dich beängstigt oder einschüchtert. Keine Überraschung, keine Herausforderung. 

Klingt das für dich langweilig? Ich finde das nämlich richtig entspannend! Die Komfortzone ist der Bereich, der von Routine geprägt ist, von Sicherheit und Erfahrung. 

Es ist der Bereich, in dem wir aufladen können. Dabei hat jeder Mensch eine unterschiedliche Komfortzone. Wenn ich wandern gehe, ist das mein Komfort. Nach 12 Kilometern merke ich, dass langsam mein Komfort nachlässt. Anstrengung setzt ein. Für andere hingegen kommt dieser Punkt nach 30 Kilometern. Während ich dabei entspanne, den Rasen zu mähen, gehen andere Bunte jumpen. Ganz ehrlich: das ist so weit außerhalb meiner Komfortzone, dass es schon außerhalb meiner Realität liegt!

Die Komfortzone ist die stille Rebellion gegen den Optimierungswahn. Hier gibt es kein „größer, schneller, besser, weiter“. Und es stimmt, dass wir hier nicht wachsen. Wir lernen hier weder, den Marathon zu laufen, noch eine fremde Sprache. Wir lernen nicht, unsere Angst zu überwinden und neues auszuprobieren, zu scheitern und wieder aufzustehen. Stattdessen lernen wir hier, unsere Kraft wieder zu sammeln.

Besonders dann, wenn wir ohnehin gestresst sind und alles um uns herum unsicher ist, kann es heilsam sein, es uns in unserer Komfortzone gemütlich zu machen.

So lernst du deine Komfortzone kennen:

  • Wann spüre ich Entspannung?
  • Wie sehen meine Routinen aus? Welche davon gefallen mir?

Die Komfortzone zu ehren und wertzuschätzen ist wichtig!

Die andere Seite der Medaille 

Neben der Erholung gibt es hier aber auch etwas, das dich vielleicht zurückhält. Dich zum Beispiel daran hindert, Nein zu sagen oder deine Bedürfnisse mehr wahrzunehmen. Angst kann uns daran hindern, unsere Komfortzone zu vergrößern.
Außerhalb der Komfortzone liegt die Angstzone, Lernzone und die Wachstumszone. Diese Zonen durchwandern wir, wenn wir beispielsweise etwas neues lernen. Für viele bedeutet das, alte Glaubensmuster anzuschauen und zu hinterfragen, Scham und Schuldgefühle anzuschauen. DAs beutetet konkret, berufliche Anrufe nach 18 Uhr nicht mehr zu beantworten, eine Verhandlung nach Vertragsabschluss abzusagen, nicht zum Kaffetrinken mit der nervigen Tante zu gehen. 

Unser Gehirn möchte unser Leben gern so einfach wie möglich gestalten. Das bedeutet, dass es zum Beispiel vereinfacht und Routinen schafft. Wenn wir morgens immer einen anderen Ablauf haben, wie beispielsweise Menschen in Krisengebieten, gerät der Körper zunehmend unter Stress. Das Unvorhergesehene ist wichtig für unser Wachstum, die Komfortzone ist wichtig für die Integration und Entspannung.

So verlässt du deine Komfortzone

Du hast also gesehen: unsere Komfortzone ist wichtig und wunderbar! Wenn du allerdings merkst, dass du feststeckst und Veränderung brauchst, dann führt kein Weg dran vorbei. Du musst deine Komfortzone verlassen, ausdehnen und integrieren.

3 Tipps, die dir helfen, deine Komfortzone zu verlassen

  1. Entscheide dich! Unklarheit frisst Energie. Wenn du die klare Entscheidung triffst, dann hast du schon einen großen Schritt gemacht und sparst Zeit und Kraft, die du sonst für das Grübeln verwendest.
  2. Mach dir dein Warum bewusst. Warum willst du sie verlassen? Was ist deine Motivation? Mehr Freiräume, um endlich dein Buch zu Ende zu lesen? Um mehr zeit mit deiner Partnerin, deinem Partner zu verbringen und wieder Nähe zu spüren? Nein sagen, um zu dem Ja zu sagen, was dich erfüllt? Tanzen, um die Verbindung zu deinem Körper zu vertiefen?
    Dein Warum wird dir immer wieder einen Energieschub geben, wenn du in der Angstzone bist. In der Lernzone hilft dir dein Warum, neugierig zu sein. In der Wachstumszone kannst du dein Warum kalibrieren und feiern!
  3. Schaffe dir Zonen der Ruhe und Sicherheit. Aus der Komfortzone rauszugehen ist manchmal ein temporärer Akt, wie zum Beispiel auf einen Hochsitz klettern (meine Angstzone) und manchmal ein längerer Zeitraum (beispielsweise als ich aus NRW wegzog, meinen Job im Theater verließ und neu startete). Es hilft dir, in diesem Zeitraum immer wieder in dir einzuchecken und zu schauen: wie kann ich mir jetzt Sicherheit geben? Wie kann ich eine kleine Komfortzone innerhalb der Angst- oder Lernzone schaffen?

Welche Komfortzone möchtest du gern verlassen?

3 Antworten auf „Die Komfortzone: stressfreier Ort oder Einöde?“

  1. Sehr wahr geschrieben! Komfortzone wird wirklich oft als „falsch“ verstanden, als „unerwünscht“. und dabei ist sie auch notwendig! UND nicht Entweder-oder! 💕

    1. Genau, liebe Angela! Wir brauchen beides, die Balance. Verrückt, dass wir so oft von „yin und yang“ oder ähnliches sprechen, aber wenn es um Leistung geht, dann denken wir noch immer, dass wir keine Pause brauchen „dürfen“.

  2. Schön, wie Du die Komfortzone in Schutz nimmst 😊. Ich habe das Gefühl, dass es momentan so modern geworden ist nur noch außerhalb von ihr unterwegs zu sein. Aber ich brauche meine Komfortzone immer wieder um in meine Mitte zu kommen und das was ich außerhalb der Komfortzone gelernt und entdeckt habe sacken zu lassen. 😜

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