Eier unter der Lupe: Was du über Hühner, Ethik und deinen Darm wissen solltest​

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Eier gelten als Inbegriff gesunder Ernährung – reich an Proteinen, Vitaminen und vielseitig einsetzbar. Wenn ich durch Instagram scrolle, sehe ich viele “Ernährungsexpert:innen”, die zu dem täglichen Verzehr von Eiern raten. 

Doch hinter der unscheinbaren Schale verbirgt sich eine komplexe Geschichte, die Fragen zu Ethik, Gesundheit und Nachhaltigkeit aufwirft.​

Momentan bin ich bei meiner Schwiegermutter in Hessen zu Besuch. Sie hat ein Haus in der Natur und hat hier Hennen aus den Legebatterien aufgenommen. Sie können hier draußen picken, haben viel Platz und machen ihr Ding.

Deswegen habe ich mich, als Veganerin, gefragt: “Würde ich diese Eier essen?

Es gibt Dinge, die du über das Ei wissen solltest.

Vom Dschungel ins Frühstücksei: Wie das Huhn nach Deutschland kam

Die Domestizierung des Huhns begann vor etwa 3.500 Jahren in Südostasien, insbesondere in den Reisfeldern dieser Region. Der braune Wildreis wurde zu der Zeit neu entdeckt und vermehrt angebaut und dieser Reis lockte die Hühner aus dem Dschungel.

Tatsache: das Huhn stammt aus dem Dschungel! Genauer gesagt aus dem Waldrand. Das war und ist auch heute noch der liebste Lebensraum. Wenn du mal einen Lebenshof besuchst, wo die Hühner frei rumlaufen dürfen, siehst du sie in den Bäumen sitzen.

Zunächst wurden die Hühner von den Menschen verehrt. Besonders Hähne schienen eine besondere Verbindung zu den Sonnengöttern zu haben. Jeden Morgen riefen sie schließlich die Sonne an! Ihre schillernden Federn sorgten für den extra Hauch Mystik. 

Von dort aus verbreiteten sich Hühner über Handelsrouten nach Westen und erreichten Europa vor etwa 2.800 Jahren.

In Deutschland wurden sie zunächst als exotische Tiere gehalten, bevor sie durch die Industrialisierung zu einem zentralen Bestandteil der Landwirtschaft wurden.​ Auch das Militär spielt (wiedereinmal) eine große Rolle: Eier galten als praktische Verpflegung für Soldaten. Außerdem konnte man die Hühner mitnehmen…
Die Mystik machte der Massenproduktion Platz und das Huhn war keine Verbindung zu Gott mehr, sondern Opfer der Tierausbeutung.

Die Industrialisierung und Kriege sind wesentliche Faktoren, die unsere Ernährung immer wieder  maßgeblich verändert haben. Ein guter Grund, unsere Ernährungsweise heute zu reflektieren!

Das Problem mit dem Ei: Warum auch Bio keine Lösung ist

Menschen begannen also, Hühner nicht mehr zu verehren, sondern sorgten dafür, dass die Eierproduktion ins unermessliche ging.
Wusstest du, dass Hühner ursprünglich 20-30 Eier pro Jahr gelegt haben? Warum sollte es auch anders sein? Das Ei ist die Menstruation des Huhns und dient der Fortpflanzung. Würde jeden Tag ein neues Küken schlüpfen, wäre das viel zu viel.

Die moderne Eierproduktion, einschließlich der Bio-Variante, bringt erhebliche ethische Probleme mit sich:​

  • Kükentöten: Jährlich werden Millionen männlicher Küken getötet, da sie keine Eier legen und wirtschaftlich uninteressant sind. Obwohl diese Praxis in Ländern wie Deutschland und Frankreich verboten wurde, bleibt die Problematik bestehen.​WUR Research+1Smithsonian Magazin+1
  • Hochleistungszucht: Legehennen wurden genetisch so verändert, dass sie bis zu 300 Eier pro Jahr legen – weit mehr als in der Natur vorgesehen. Dies führt zu gesundheitlichen Problemen wie Osteoporose und Organversagen.​ Die Eier fressen sozusagen die Knochen der Hühner von innen auf. Und ja: das auch bei Bio-Hühnern Freiland-Hühnern und denen, die du so siehst, wenn du in die Gärten der Leute schaust. Es gibt kaum noch Urhühner und wenn, dann eignen sie sich nicht als Eierlieferantinnen.
  • Haltungsbedingungen: Selbst in Bio-Betrieben sind die Lebensbedingungen oft unzureichend. Die Hennen leben in großen Gruppen, was Stress und Verletzungen fördert.​ Hühner sind unfassbar schlau! Neugierig und sozial. Sie brauchen mehr als eine brache Fläche. Bäume, Sträucher, Wiese und jede Menge Versteckmöglichkeiten machen ein Huhn glücklich. Wenn du an einer Wiese mit dem Schild „Glückliche Freiland-Hühner“ vorbeifährst, aber auf der Wiese lediglich ein Anhänger steht und sonst nichts, sieht es zwar besser aus, als eine typische Massentierhaltung. Dennoch ist das eine qualvolle Situation für die Tiere. Bei „Land der Tiere“ kannst du mal schauen, wie Hühner leben, die aus qualvoller Haltung gerettet wurden. Sie haben viel Auslauf und Platz, können picken, sich in Staub baden und ohne Ende scharren. Hier kannst du auch die Menschen unterstützen, die diesen Tieren ein neues Zuhause geben.
Bildquelle: Land der Tiere

Diese Aspekte werfen die Frage auf, ob es überhaupt ethisch vertretbare Eier gibt.​ Plus: was denkst du, wie gesund die Eier von kranken Hühnern?

“Ja, aber mein Nachbar hält Hühner. Die Eier kann ich doch bedenkenlos essen!”. Leider nein. Ich wünschte wirklich, es wäre so. Aber durch die genetische Veränderung kann das Huhn nicht anders, als mehr Eier zu legen, als gut wäre. Es leidet und viele Hühner sterben an den Folgen. Der Calcium-Mangel des Huhns wird noch verstärkt, indem wir die Eier selber essen, anstatt die Hühner damit zu füttern.
Das bedeutet: auch die Hühner deines Nachbarn werden vermutlich Knochenbrüche haben! Eine schweizer Studie fand heraus, dass 97% aller Legehennen Knochenbrüche haben, teilweise bis zu drei Stück. Die Hühner deines Nachbarn können davon ebenso betroffen sein, da die massenhafte Eiproduktion für einen gravierenden Calciummangel sorgt. Dieser wiederum begünstigt Knochenbrüche.

Eier und die Gesundheit: Was sagen Studien zur Wirkung auf den Darm?

Zugegeben, es gibt die Menschen, die sagen „Ist mir doch egal, wie es den Hühnern geht. Eier sind gesund!“
Eier enthalten zwar wertvolle Nährstoffe wie Eiweiß, Cholin und Vitamin B12 – doch in Bezug auf die Darmgesundheit lohnt sich ein differenzierter Blick.

1. Cholin & TMAO – ein kritischer Zusammenhang

Eier sind eine der Hauptquellen für Cholin, einen lebenswichtigen Nährstoff für Gehirn- und Zellfunktion. Doch: Im Dickdarm verstoffwechseln bestimmte Bakterien Cholin zu Trimethylamin (TMA), das in der Leber zu TMAO (Trimethylamin-N-oxid) umgewandelt wird.
Studien zeigen, dass erhöhte TMAO-Werte mit einem gestörten Mikrobiom und einem höheren Risiko für chronische Entzündungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung stehen.

👉 Eine Studie der Cleveland Clinic Nature Medicine, 2013 zeigte, dass Menschen, die viele tierische Produkte (v. a. Eier) essen, deutlich mehr TMAO im Blut aufweisen – mit negativen Auswirkungen auf die Gefäß- und Darmgesundheit.

2. Einfluss auf das Mikrobiom

Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass der regelmäßige Verzehr von Eiern das mikrobielle Gleichgewicht im Darm verschieben kann – besonders, wenn sie Teil einer stark tierisch betonten Ernährung sind.
Einseitige Ernährungsmuster (wie ein hoher Eierkonsum) fördern bestimmte Bakteriengruppen, während andere – entzündungshemmende und ballaststoffliebende – verdrängt werden können.

👉 In einer Studie aus 2020 (Xu et al., Journal of Translational Medicine) wurde bei Proband:innen mit hohem Eierkonsum eine veränderte Diversität des Mikrobioms festgestellt – was wiederum mit Darmproblemen, einem schwächeren Immunsystem und metabolischen Störungen in Verbindung gebracht wurde.

3. Entzündungen und Unverträglichkeiten

Manche Menschen reagieren auf Eiweißbestandteile, insbesondere das sogenannte Ovalbumin, mit Unverträglichkeiten, entzündlichen Reaktionen oder Reizdarm-ähnlichen Symptomen (Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall).
Auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn wird in manchen Fällen empfohlen, Eier zu reduzieren oder temporär zu meiden – da sie potenziell das Immunsystem reizen können.

👉 Eine Meta-Analyse aus 2023 betont, dass eine pflanzenbetonte Ernährung mit reduziertem Konsum tierischer Proteine positive Effekte auf Darmbarriere, Entzündungsmarker und Mikrobiomvielfalt haben kann.

Kurzum: Eier sind nicht per se „schädlich“, doch ihr Einfluss auf die Darmgesundheit hängt stark vom individuellen Kontext ab – insbesondere Mikrobiom-Zustand, genetische Veranlagung, Verzehrmenge und Ernährungsstil insgesamt. Wer auf ein gesundes, vielfältiges Darmmikrobiom setzt, profitiert von einer pflanzenbasierten, ballaststoffreichen Ernährung – und kann Eier bewusst reduzieren oder ersetzen.

Eifrei glücklich: So ersetzt du Eier beim Kochen & Backen

Es gibt also sehr wichtige Aspekte, keine Eier zu essen: das Wohl der Tiere. Und deine Gesundheit. Und die Umwelt.


🦴 Fun Fact oder Dystopie? Warum Hühnerknochen das Fossil der Zukunft sein könnten.

Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass zukünftige Archäolog:innen und Lebensformen bei Ausgrabungen der heutigen Zeit vor allem eines finden werden: Hühnerknochen.
Klingt absurd? Ist aber wissenschaftlich fundiert.

Denn:

  • Über 33 Milliarden Hühner leben weltweit – mehr als jede andere Vogelart.
  • Die heutigen Masthühner sind stark gezüchtet, wachsen unnatürlich schnell, leben extrem kurz und das bedeutet Unmengen an Knochenresten.
  • Diese landen massenhaft in Deponien, wo sie unter bestimmten Bedingungen überdauern und sogar fossilieren können.

Forscher:innen der Universität Leicester bezeichnen das Masthuhn deshalb als mögliches Leitfossil des Anthropozäns – der geologischen Epoche, die vom Menschen geprägt ist.
Die Studie kommt zu dem Schluss: Sollten spätere Lebensformen unsere Zeit untersuchen, könnten sie anhand der Überreste denken, dass Hühner die dominierende Spezies auf der Erde waren.

👉 Zur Studie: „The broiler chicken as a signal of a human reconfigured biosphere

Ein kurioses, aber zugleich sehr ernstes Zeichen dafür, wie stark wir das Leben – und auch das Leiden – von Nutztieren beeinflusst haben. 


Dabei gibt es zahlreiche pflanzliche Alternativen zu Eiern, die je nach Rezept und gewünschter Funktion eingesetzt werden können:​

  • Leinsamen oder Chiasamen: Gemahlen und mit Wasser vermischt, eignen sie sich hervorragend als Bindemittel in Backwaren. Außerdem bringen sie wertvolles Omega 3 mit, das in einer antientzündlichen Ernährung wirksam ist.
  • Apfelmus oder zerdrückte Banane: Diese Zutaten fügen Feuchtigkeit hinzu und sind ideal für süße Backrezepte.​
  • Aquafaba: Das Abtropfwasser von Kichererbsen kann wie Eiweiß aufgeschlagen werden und ist perfekt für Meringues oder Mousses. Bonus: Zero Waste! Während du aus den Kichererbsen leckeren Hummus machen kannst, kannst du aus dem Abtropfwasser
  • Seidentofu: Mit seinem neutralen Geschmack eignet er sich gut für herzhafte Gerichte wie Quiches oder Rührei-Alternativen.​ Rührtofu ist nicht nur eine tolle Alternative zu Rührei, sondern auch super gesund. Tofu liefert wertvolle Vitamine und Mineralen, sowie Phytoöstrogen. Das sind dem menschlichen Östrogen ähnliche Pflanzenstoffe und können helfen, deinen Hormonhaushalt, besonders während der Perimenopause, zu balancieren.
  • Backpulver und Essig: Diese Kombination wirkt als Triebmittel und ist besonders in Kuchenrezepten nützlich.​

Durch die Verwendung dieser Alternativen kannst du nicht nur ethische Bedenken umgehen, sondern auch neue kulinarische Möglichkeiten entdecken.​

Fazit: Was wir wirklich brauchen, ist kein Ersatz – sondern ein Umdenken

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Eier zeigt, dass es nicht nur um Ernährung, sondern auch um Ethik, Gesundheit und Nachhaltigkeit geht. Statt nur nach Ersatzprodukten zu suchen, sollten wir unsere Konsumgewohnheiten hinterfragen und bewusste Entscheidungen treffen.​

Eine pflanzenbasierte Ernährung bietet zahlreiche Vorteile und kann dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der industriellen Tierhaltung zu reduzieren. Indem wir uns für Alternativen entscheiden, setzen wir ein Zeichen für mehr Mitgefühl und Verantwortung – gegenüber den Tieren, unserer Gesundheit und dem Planeten.​

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