Was ist intuitives Essen?
Essen ohne zu verzichten. Dabei endlich eine entspannte Beziehung zum Essen bekommen oder ohne Verzicht abnehmen. Geht das wirklich?
Viele Menschen halten es für ein Gerücht, einen gemeinen Mythos. Das intuitive Essen verspricht aber genau das. Beim intuitiven Essen verlassen wir uns ganz auf unseren Körper und unser Bauchgefühl. Man isst, wenn man hungrig ist und hört auf, wenn man satt ist. Klingt eigentlich logisch. Anders als bei vielen Diäten steht beim intuitiven Essen auch die mentale Gesundheit im Mittelpunkt. Dabei geht es allerdings nicht vorrangig ums Abnehmen. Denn: einfach nur schlank sein macht nicht glücklich. Schlank sein bedeutet nicht, dass wir das Essen wieder genießen.
Das intuitive Essen nach Evelyn Tribole und Elyse Resch ist sozusagen eine Anti-Diät: es geht nicht darum, so viel zu essen, wie man möchte und dabei abzunehmen. Es geht darum, die Diät-Mentalität endlich hinter sich zu lassen und wieder auf den eigenen Körper zu hören.
Wie das intuitive Essen funktioniert und wie du es in deinem Alltag umsetzen kannst, erfährst du in diesem Artikel.
So funktioniert intuitives Essen
Du lässt alles sein. Das Kalorienzählen, der Fokus auf Proteine, das Abwiegen. Stattdessen verlässt du dich ganz auf dein Bauchgefühl. Es gibt keine strenge Regeln, kein Verzicht. Klingt das für dich gruselig? Oder zu schön, um wahr zu sein?
Doch tatsächlich ist das die Realität: unser Körper gibt uns klare Signale, wann wir satt sind und wann wir was essen sollten. Beim intuitiven Essen steht unser Körpergefühl wieder im Vordergrund. Denn genau das haben wir oft komplett vernachlässigt.
Das Hungergefühl wird als Feind angesehen, als etwas Schlechtes, das bezwungen werden muss.
Eigentlich erschreckend, oder? Schließlich ist unser Hungergefühl ein Überlebensmechanismus. Unser Körper sorgt dafür, dass wir versorgt sind. Babys schreien laut und unerbittlich, wenn sie Hunger haben. Erwachsene versuchen alles, um ihren Hunger zu kontrollieren.
Doch wer kennt nicht die ganzen Sprüche: “Iss deinen Teller leer, sonst gibt’s morgen schlechtes Wetter” oder “Wenn du lieb bist, bekommst du später ein Eis”? Oder auch “sei jetzt artig, sonst gibt’s keinen Nachtisch!”. Auch Kommentare “Was, das willst du noch essen?” oder “Nein, du kannst keinen Hunger haben, wir haben ja grad gegessen” säen Zweifel am eigenen Körpergefühl.
Daneben die ganzen Marketing-Maschen: vor dem Essen ein großes Glas Wasser, das hemmt den Hunger. Viel Salat essen, dann wird man schneller satt!
Beim intuitiven Essen ist damit Schluss! Stattdessen geht es darum, das Hungergefühl wieder ernst zu nehmen und unterscheiden zu lernen:
Ist es Hunger?
Ist es emotionales Essen? Also eine Strategie des Nervensystems?
Ist es Heißhunger? Fehlt uns also etwas?
Intuitives Essen, wie geht das?
Beim intuitiven Essen schmeißt du fast alle Regeln über Bord. Du lernst wieder, deinem Körper zu vertrauen. Das geht oft nicht über Nacht. Denn wir haben lange Zeit unser Hungergefühl unterdrückt und unseren Heißhunger kontrolliert. Es kann sich sogar unsicher oder gruselig anfühlen, wenn wir wieder auf unseren Körper hören sollen.
Deswegen ist intuitives Essen lernen ein Prozess – der sich aber unfassbar lohnt!
Da intuitives Essen keine Diät ist, gibt es auch keine Ernährungsregeln. Du zählst weder Punkte noch Kalorien.
Beim intuitiven Essen steht das Hunger- und Sättigungsgefühl im Fokus.
Das bedeutet, wir brauchen:
- Achtsamkeit für unseren Körper und seine Signale
- und Aufmerksamkeit beim Essen
Leider ist das beides gar nicht so einfach. Denn unbewusste Entscheidungen sorgen dafür, wie wir uns verhalten.
Wir essen beispielsweise den besagten Teller immer leer und achten gar nicht darauf, wie hungrig wir noch sind. Wir machen abends die Tüte Chips aus Gewohnheit auf oder snacken völlig ausgehungert etwas, wenn wir von der Arbeit kommen.
Machbare Routinen können uns helfen, unser Hungergefühl wiederzufinden und zu lernen, auf unsere Sättigung zu hören.
So geht’s: intuitiv essen ohne Stress
Wenn plötzlich alles wieder erlaubt ist, kann es ganz schön überfordernd sein. Wenn es dir vielleicht gerade unmöglich erscheint, teile dir den Weg in ganz kleine Schritte ein. Es geht beim intuitiven Essen nicht darum, von heute auf morgen alles zu verändern und deinem Körper zu vertrauen. Besonders dann, wenn dir dein Körper wie ein Fremder vorkommt, ist Vertrauen schwer.
Die Angst, nicht mehr mit dem Essen aufhören zu können oder unkontrolliert zuzunehmen, ist oft groß. Und total verständlich. Nicht selten kommt es, wenn alle Verbote aufgehoben sind, erstmal zum Nachholen. Alles, was lecker, aber verboten war, wird genossen. Alles, was als “ungesund” eingestuft wurde, als “Müll” oder “leere Kalorien”, wird nachgeholt.
An dieser Phase führt allerdings kein Weg vorbei. Ich habe sie selbst erlebt. Es fühlte sich unkontrolliert an. Ich hatte Angst. Und zugleich war ich in einem absoluten Hochgefühl.
Diese Zeit ist aber absolut essentiell, wenn wir wieder Vertrauen aufbauen wollen. Auch dein Körper muss wieder Vertrauen lernen! Es wartet nicht die nächste Diät auf ihn. Es wartet kein Fasten, keine widerlichen Supplemente oder Säfte auf ihn.
Viele Menschen geben in dieser Phase auf. Es fühlt sich zu ungewohnt an. Das kann doch nicht richtig sein?
Ja, manche Menschen nehmen in der Phase zu. Andere nehmen ab. Nach dieser Zeit, wenn sich ein gesundes und entspanntes Essverhalten entwickelt hat, pendelt sich der Körper auf ein Wohlfühlgewicht ein.
Dein Körper ist nicht das Problem
Das Essen ist auch nicht das Problem. Schlank sein ist keine Garantie dafür, auch glücklich zu sein. Wenn dir jemand eine Gewichtsabnahme und damit ein glückliches Leben verspricht, dreh dich am besten um. Denn weder dein Körper noch dein Essen sind das Problem.
Essen wir aus Frust, Überforderung, Wut, Trauer, Stress, dann müssen wir andere Strategien lernen, mit solchen Gefühlen umzugehen. Haben wir immer wieder Heißhunger, dann hilft es nicht, diesen Heißhunger zu kontrollieren, sondern wir dürfen unserer Ernährung an sich ein Upgrade geben, anstatt einfach weniger zu essen!
Unseren Körper zu akzeptieren, kann eine Bärenaufgabe sein! Und es ist völlig fein, wenn wir uns unwohl fühlen und deswegen Körperfett abbauen wollen. Tun wir dies aus Selbstablehnung, werden wir allerdings nie DAS Zielgewicht erreichen, sondern immer weniger wiegen wollen.
Beginnen wir, liebevoll abzunehmen, dann haben wir gute Chancen, mit unserem Körper zufrieden zu sein.
Die 10 Prinzipien beim intuitiven Essen
Es gibt zwar keine Regeln, aber die 10 Prinzipien des intuitiven Essens können dir helfen, das Vertrauen in deinen Körper wiederzufinden und in deinem Tempo intuitives Essen zu lernen.
- Nieder mit den Diäten! Ab jetzt wird keine Diät mehr gemacht.
- Dein Hunger ist dein Freund, deine beste Freundin. Steh zu ihr!
- Schließe Frieden mit dem Essen. Es gibt keine “guten” und keine “schlechten” Lebensmittel mehr.
- Kampf der Essenspolizei. Dir will jemand eine Mahlzeit verbieten? Iss ihn auf!
- Schlucke deine Gefühle nicht mehr mit dem Essen runter.
- Lade den Genuss wieder ein. Erinnere dich: was schmeckt dir so richtig gut?
- Nimm deine Sättigung wieder wahr. Einer der schwersten Punkte. Ein Tipp: lege zwischendurch Pausen ein und beschreibe einfach, wie sich dein Magen anfühlt. Du wirst bald feststellen: es gibt unterschiede.
- Schenke deinem Körper mehr Respekt.
- Vielfalt is Queen. Unsere kulinarische Intelligenz sorgt dafür, dass wir alle Macro- und Micronährstoffe zu uns nehmen.
- Suche dir Bewegung aus, die Spaß macht.
Kritik am intuitiven Essen
Dem Körper einfach alle Entscheidungen überlassen – ist das so sinnvoll? Angenommen dein Körper sagt “Jau, das Süßigkeitenregal. Einmal quer durch!”, würdest du sagen, dass sei gut?
Wir leben in einer Zeit des absoluten Überangebots und der völlig überfordernden Reize. Unser Körper ist nicht dazu gemacht, mit Chips, Kuchen und Schokolade umzugehen. Er wird das richtig geil finden, weil Fett und Zucker die besten Energielieferanten sind.
Auch ein Körper im Stress ist kein guter Ratgeber, denn ein disreguliertes Nervensystem wird Entscheidungen treffen, dich für diesen Moment zwar sinnvoll erscheinen, aber langfristig nicht gesund sind.
Ein weiterer Faktor kann ein fehlendes Hormon sein. Fehlt das Sättigungshormon oder wird es zu wenig gebildet, ist es unmöglich, einfach auf den Körper zu hören. Denn dann werden wir niemals satt. Das gleiche gilt, wenn wir einen sehr großen Magen (bekommen) haben. Das ist allerdings erst in Phasen der Fall, in denen wir ein gesundheitlich bedenkliches Gewicht haben.
Heißt das, wir sollten unserem Körper misstrauen? Nein, überhaupt nicht! Aber lass uns mal philosophisch fragen, was “die Intuition” eigentlich ist:
Körpersignale plus Wissen plus Erfahrungen.
Wenn wir das kombinieren und die Prinzipien wie “ehre dein Hungergefühl” und “nieder mit der Diät” mit einbeziehen, können wir intuitives Essen lernen und von den Vorteilen, die dieses Konzept mit sich bringt, profitieren.
Hallo Judith,
danke für diesen informativen Beitrag. Ich habe meine Ernährung Anfang diesen Jahres umgestellt, weil mir die ganzen Diäten auf die Nerven gingen. Und all die tollen Argumente, die irgendwie jeder Ernährungsberater zu sagen hat.
Bei mir ist es zwar nicht das „intuitive Essen“, aber so ungefähr.
Ich esse ca. alle 5 Stunden, weil das ungefähr die Zeit ist, inder ich auch Hunger verspüre. Und in dieser Zeit esse ich das worauf ich Hunger habe.
Ich habe gelernt auf die Bedürfnisse meines Körpers zu hören und ich esse sehr achtsam. Durch das achtsame Essen habe ich ein viel besseres Gefühl dafür entwickeln können, wann ich wirklich satt bin. Seit dem geht es mir deutlich besser und ich hatte den netten Nebeneffekt von -7 Kilo.
Ich glaube, dass Diäten im Prinzip purer Stress sind und Stress wirkt sich immer negativ aus. Ob psychisch oder auf das Gewicht/die körperliche Gesundheit.
Jeder sollte auf seinen Körper hören und schauen was für ihn/sie passend ist.
Von daher finde ich deinen Beitrag unglaublich wertvoll. Danke dafür.
Liebe Grüße
Anja
Hej Anja,
danke dir für dein Teilen!
Es ist echt toll zu lesen, dass du deinen Weg raus aus Diäten gefunden und hin zu deinem ganz eigenen, entspannten Essen gefunden hast!
Liebe Judith,
dass was Du beschreibst, kenne ich aus meiner Vergangenheit nur zu gut! Ich bin keine emotionale Esserin und habe immer gegessen was und wann ich wollte. Und mir ging es fantastisch! Gewicht top, Energie da, kein Verzicht und nur Genuss 🥰 Durch hohe Antiobiotika Einnahmen hat sich allerdings ein Leaky Gut Syndrom gebildet (durch Untersuchung des Stuhls festgestellt) und seitdem habe ich gerade auch mit dem Gewicht zu kämpfen. Ernähre mich gerade strickt basisch, vegan und sehr clean, um meinem Körper die Heilung zu geben, die er verdient und bemerke Veränderungen. Aber ganz ehrlich? Ich freue mich sehr darauf wieder alles zu essen! Essen ist für mich absolute Lebensqualität und was gibt es besseres als ein Tiramisu und Spaghetti?! Wenig 😅 danke dir für deinen Beitrag! Es ist wichtig darüber aufzuklären. LG
Hej Sabrina,
eine vegane Ernährung ist immer super :). Und ich stimme dir zu: Essen ist ein großes Stück Lebensqualität! Unterstützt du deinen Darm noch auf andere Weise?