Das Reizdarmsyndrom ist eine weit verbreitete Erkrankung, die viele Menschen betrifft und mit unangenehmen Symptomen wie Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall oder Verstopfung einhergeht. Viele Betroffene berichten in meiner Ernährungsberatung davon, dass sie sich durch die Beschwerden in ihrem Alltag stark eingeschränkt fühlen. Die Unsicherheit, was sie essen können oder sollten, steigt mit jedem neuen Versuch, die Ernährung umzustellen. Die Vielzahl von Tipps von Influencer:innen macht diese Unsicherheit nicht besser.
Ein oft unterschätzter Faktor, der bei der Entstehung und der Linderung von Reizdarm-Symptomen eine Rolle spielt, ist die Psychosomatik. Das bedeutet, dass seelische Faktoren wie Stress oder Ängste die körperlichen Symptome beeinflussen können. Aber nicht nur die Psyche hat Einfluss auf den Darm – auch das Darmmikrobiom, die Vielzahl von Mikroorganismen, die in unserem Darm leben, spielt eine entscheidende Rolle. In diesem Artikel erfährst du, wie beide Faktoren zusammenhängen und was du tun kannst, um deinem Körper zu helfen.
Was ist das Reizdarmsyndrom?
Das Reizdarmsyndrom ist eine Erkrankung des Verdauungstraktes, bei der der Darm aus noch unbekannten Gründen überempfindlich reagiert. Oftmals wird das Reizdarmsyndrom diagnostiziert, wenn alle weiteren Erkrankungen ausgeschlossen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören Bauchschmerzen, Blähungen, Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung sowie das Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung. Reizdarm kann das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen, da die Symptome häufig ohne erkennbare körperliche Ursache auftreten. Manchmal tauchen sie wie aus dem Nichts auf. Die Angst, nicht zügig genug die Toilette aufsuchen zu können, hemmt Betroffene oft davor, an Veranstaltungen teilzunehmen. Auch ist für viele Betroffene nicht klar, was genau sie vertragen oder eben nicht. Nicht selten kommt es vor, dass Betroffene berichten, dass sie vermeintlich “ungesunde” Lebensmittel wie Toastbrot vertragen und “gesunde” Lebensmittel wie Vollkornnudeln zu Beschwerden führen. Das Phänomen kann man auch als “Warum Pizza geht, aber die Banane nicht” bezeichnen.
Das Reizdarmsyndrom wurde lange Zeit als “Das bilden Sie sich nur ein” abgetan. Denn Psychosomatik bedeutet, dass keine organischen Ursachen vorliegen. Doch ist dann alles nur Einbildung und allein das richtige “Mindset” hilft aus der Misere?
Wie beeinflusst Psychosomatik das Reizdarmsyndrom?
Psychosomatik beschreibt den Zusammenhang zwischen Psyche und Körper. Das bedeutet, dass unsere emotionalen Zustände, wie Stress, Angst oder auch Depressionen die körperliche Gesundheit beeinflussen können. Und auch andersherum: so deuten Studien darauf hin, dass das Darmmikrobiom an der Entwicklung einer Depression beteiligt sein kann.
Beim Reizdarmsyndrom kann chronischer Stress dazu führen, dass die Symptome verstärkt auftreten oder länger anhalten. Studien haben gezeigt, dass Betroffene von Reizdarm oft eine erhöhte Empfindlichkeit auf Stress haben, was zu einer Verschlimmerung der Symptome führen kann. Dieser Zusammenhang wurde in mehreren Studien untersucht, darunter auch eine Untersuchung, die in der MedUni Wien durchgeführt wurde.
Und deswegen macht es Sinn, wenn wir uns das Nervensystem und seine Verbindung zum Darm anschauen.
Genauer gesagt ist der Darm Teil des Nervensystems.

Der Darm und das Nervensystem
Das Nervensystem ist ein Organ, bestehend aus Nervenzellen. Vom Gehirn bis in den kleinen Finger sind wir von Nerven durchzogen, die Impulse und Informationen weiterleiten.
Nun kannst du dir Stress ungefähr so vorstellen:
Dein Nervensystem registriert den Auslöser, beispielsweise deinen Chef, der schon wieder Überstunden verlangt oder ein Kunde, dessen Nachricht dir direkt Herzrasen beschert.
Dein Gehirn kann nicht unterscheiden, ob das jetzt eine “Kleinigkeit” ist oder lebensbedrohlich und sendet die gleichen Botenstoffe, als sei es in einer Notlage: unter anderem Adrenalin und Cortisol. Die Energie in Form von Blutfluss, Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff wird aus deinem Verdauungstrakt gezogen. Denn dein Gehirn hat verschiedene Möglichkeiten, auf eine Notlage zu reagieren: Flucht, Kampf oder Einfrieren. Dazu braucht es keine Verdauung. Alle Prozesse, die nicht an Kampf oder Flucht beteiligt sind, werden heruntergefahren, um die Energie für diese Überlebensmechanismen zur Verfügung zu stellen.
Wenn du nun chronischen, immer wieder auftretenden Stress hast, sei es auf der Arbeit, in der Beziehung, Familie oder im Freund:innenkreis, lebt auch dein Darm im Dauerstress. Das zeigt sich dann durch Durchfälle, Verstopfung, einen Blähbauch, Magen- oder Darmkrämpfe.
Außerdem besitzt dein Darm ein ganz eigenes Nervensystem. Durch chronischen Stress sind die Darmnerven dauererregt und melden “Alles raus!” oder “Alles auf Halt!” oder auch “Schmerz!”.
Du siehst: es geht nicht um “Einbildung”. Denn eigentlich sind die Signale sehr intelligent. Sie wollen dich beschützen. Nur mit dem Unterschied, dass du die Notsituation nicht verlässt oder verlassen kannst. Weiter können auch traumatische Erfahrungen mit an der Entwicklung von einem Reizdarmsyndrom beteiligt sein.
Hinzu kommt, dass im Darm eine Vielzahl von Neurotransmittern produziert werden. Das sind zum Beispiel Serotonin und Melatonin, die u.a. für den Schlaf-Wachzustand zuständig sind. Wenn der Darm also durcheinandergeraten ist, ist es wie bei einem Dominoeffekt: das eine stößt das andere an.

Das Darmmikrobiom und seine Rolle beim Reizdarm
Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, der das Reizdarmsyndrom beeinflusst. Nichts in unserem Körper steht einfach für sich. Und so spielt auch hier das Darmmikrobiom eine entscheidende Rolle.
Das Darmmikrobiom besteht aus Milliarden von Mikroben, die in unserem Verdauungstrakt leben. Diese Mikroben sind nicht nur für die Verdauung von Nahrung verantwortlich, sondern beeinflussen auch die Verstoffwechselung von Nährstoffen, das Immunsystem und die psychische Gesundheit. Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom ist oft eine Veränderung in der Zusammensetzung des Mikrobioms festzustellen. Ein Ungleichgewicht in den Bakterienarten kann zu einer Überempfindlichkeit des Darms führen.
Wichtig: es gibt keine Belege dafür, dass Supplemente mit Prä- und Probiotika hilfreich sind. Hingegen können Studien zeigen, dass bei evidenzbasierter Auswahl von Probiotika Symptome verringert werden können. Was bedeutet das?
Unter Begleitung von klinischem Fachpersonal kann die Einnahme von Bakterienstämmen wirkungsvoll sein. Bitte sieh davon ab, Präparate eigenständig aus dem Internet zu bestellen, auch wenn viele Influencer:innen stark dafür werben.
Viel milder ist eine Ernährung mit gekeimten Lebensmitteln, die damit verträglicher sind und mit lebenden Kulturen wie Kimchi, Kombucha, Kefir und Sauerteigbrot.

Reizdarmsyndrom Tipps: Wie du deine Beschwerden lindern kannst
Halten wir also fest, dass es verschiedene Aspekte des Reizdarmsyndroms gibt:
1. das Nervensystem und Stress
2. das Darmmikrobiom und die generelle Darmgesundheit
3. die generelle psychische Gesundheit
Es gibt also verschiedene Ansätze, um die Symptome des Reizdarmsyndroms zu lindern und gleichzeitig das Darmwohl zu stärken.
Ein wichtiger Schritt ist, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, die das Mikrobiom unterstützt. Studien belegen, dass eine gezielte Zufuhr von Probiotika, wie sie in bestimmten Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind, hilfreich sein kann.
Doch bitte trinke nicht direkt einen Liter Kefir oder stelle von heute auf morgen alle Essgewohnheiten um! Das kann deinen Darm überfordern. Wenn du hingegen nach und nach Dinge veränderst, hat dein Darm und dein Darmmikrobiom Zeit, sich umzustellen. Hinzu kommt, dass du durch eine langsame Ernährungsumstelung weniger negative Schleifen läufst: du kaufst dir beispielsweise direkt Kimchi, denn das soll toll sein; du isst direkt mittags eine große Portion und hörst schon das Grummeln, spürst die Unruhe im Darm und es endet in Durchfällen; dein Nervensystem registriert den Stress und es verstärkt sich der Kreislauf.
Stattdessen darfst du dir Zeit lassen. Wenn du dir Unterstützung in der Ernährungsumstellung wünschst, lass es mich wissen.
Reizdarmsyndrom Hilfe durch Ernährungsberatung
Wenn du das Gefühl hast, dass dein Reizdarmsyndrom durch Stress oder eine unausgewogene Ernährung verstärkt wird, kann eine individuelle, traumainformierte Ernährungsberatung hilfreich sein. Als erfahrene Beraterin kann ich dir helfen, deine Ernährung so anzupassen, dass sie dein Mikrobiom unterstützt und gleichzeitig den Umgang mit Stress verbessert. Eine nicht-medizinische Ernährungsberatung kann dir auch beibringen, welche Lebensmittel besonders gut für dich sind und welche du eher meiden solltest, um dein Wohlbefinden zu steigern.
Fazit
Das Reizdarmsyndrom ist eine komplexe Erkrankung, bei der sowohl psychische als auch physische Faktoren eine Rolle spielen. Ein ausgewogenes Mikrobiom, ein gesundes Stressmanagement und eine angepasste Ernährung können dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Wenn du Unterstützung bei der Anpassung deiner Ernährung benötigst, um dein Mikrobiom zu stärken, biete ich dir eine nicht-medizinische Ernährungsberatung an. Melde dich für ein persönliches Gespräch und entdecke, wie du dich durch Ernährung und Stressbewältigung besser fühlen kannst!