Wenn dein Bauch das Sagen hat – ein Leben mit Reizdarmsyndrom
Es gab Tage, da fühlte ich mich, als wäre ich in Geiselhaft meines eigenen Bauchs. Menschen mit Reizdarmsyndrom wissen genau, wovon ich spreche:
Der Termin steht, Klamotten sind rausgesucht, die Vorfreude groß und dann: ein aufziehender Blähbauch, unangenehmes Bauchgrummel-Gewitter, vielleicht sogar plötzliche Schmerzen. Spontanität? Fehlanzeige! Der Reizdarm bestimmt, ob der Abend mit Freund:innen im Restaurant oder doch lieber in Jogginghose auf der Couch endet.
„Iss doch einfach mal was Leichtes!“ oder „Reduziere Stress!“ – diese Sätze haben Menschen mit Reizdarmsyndrom schon unzählige Male gehört. Doch das Problem ist: Manchmal reagiert der Bauch selbst auf den gesündesten Quinoa-Salat mit einem Protest, der sich gewaschen hat.
Blähbauch und Verdauungsprobleme lassen sich nicht mit ein paar simplen Ernährungstipps beheben. Die Suche nach den „richtigen“ Lebensmitteln fühlt sich oft an wie ein Blindflug durch die Welt der Darmgesundheit.
„Der Helicobacter ist es“, sagte mir damals meine Heilpraktikerin. Obwohl ich da schon vegan lebte, kaufte ich auf ihren Rat hin den Manuka-Honig aus Neuseeland für schlappe 55 Euro bei 250 Gramm und rollte mich nach der Einnahme über den Küchenboden, damit „der Honig auch überall drankommt und diesen resistenten Keim tötet“.
Alter Falter. Ich habe es geglaubt, weil ich so verzweifelt war.
Fünf Packungen Honig und null Wirkung später: Das Vorhaben wurde verworfen.
Dann kam der nächste Rat: basische Ernährung. Klingt harmlos, ist aber unfassbar teuer. Aus selbst gemachtem Haferbrei wird plötzlich ein Lifestyle-Produkt für 9 Euro. Und auch da: Reizdarm-Symptome ohne Besserung.
Also weiter zu glutenfrei…
Long Story Short: Hat auch nichts gebracht.
Ironie des Reizdarms: Die abendlichen Chips, Weihnachtskekse und Co verdaut mein Bauch oft problemlos, das teure „alternativmedizinische“ Zeug hingegen nicht.
„Wo ist die nächste Toilette?“ – Ein ständiger Gedanke
Reizdarm im Alltag kann massiv einschränken. Eine Bahnfahrt, ein Meeting, ein Städtetrip mit Freund:innen, alles kann zur Zerreißprobe werden. Die ständige Angst, dass der Darm sich jetzt meldet, stresst, was die Symptome verstärkt. Klassischer Teufelskreis.
Ein Moment in London hat mich besonders geprägt. Ich liebe London. Doch der Tag hat vieles verändert. Auf dem Weg zu „A Midsummer Night’s Dream“ im Globe Theatre und plötzlich spürte ich das Stechen im Unterbauch. Durchfallalarm. Ich rannte zurück zum Hotel, schaffte es gerade so aufs Klo. Mit kaltem Schweiß lag ich im Bett und fragte mich, wie es ich nach Hause schaffen sollte.
Denn der Rückweg war lang. Wir waren mit dem Zug dort. Auch das war etwas, was ich eigentlich geliebt habe. Eine lange Zugfahrt. Lesen. Aus dem Fenster schauen. Herrlich. Doch nicht mit der Angst vor Schmerzen, Durchfällen.
Zuhause hatte ich dann totale Angst vor weiteren Attacken. Ich traute mich wochenlang nicht mehr aus dem Haus.
Wenn der Bauch die Stimmung bestimmt
Das Reizdarmsyndrom ist keine rein körperliche Sache. Die Verbindung zwischen Darm und Nervensystem ist real. Stress und Ängste können Symptome auslösen und umgekehrt.
Der Kreislauf: Verdauungsprobleme → Unsicherheit → Stress → stärkere Symptome.
Es ist eine Gratwanderung zwischen „Ich lasse mich nicht einschränken“ und „Ich brauche einfach nur meine Ruhe“. Denn wann ist es wichtig, die Angst zu überwinden und wann ist richtig, sich selbst Ruhe zu gönnen?
Glaub mir, dieses Spiel spielte ich damals jeden Tag.
(*Spoiler: es hat sich gelohnt, zu lernen, wann Ruhe und wann Ausprobieren das Richtige ist)
Niemand sieht, was in dir vorgeht
Das Gemeine am Reizdarmsyndrom: Es ist unsichtbar. Von außen siehst du „gesund“ aus, innerlich ist alles Chaos. Kommentare wie „Du siehst doch gut aus!“ helfen da wenig.
Stattdessen ist der Darm und Darmprobleme ein absolutes Tabuthema.
Wir sprechen nicht darüber,
… dass wir Angst haben, beim ersten Date mit vor Aufregung stinkend zu pupsen.
… dass wir still hoffen, bloß keine Geräusche auf dem Klo (am besten noch ein öffentliches, ohne geschlossene Kabinen!) zu machen. Das wäre SO peinlich!
… dass über 60 % der Menschen mit Reizdarm auch unter Angst oder Depression leiden.
… dass über 70 % von ihnen nicht cis-männlich und hetero sind.
Die gesellschaftlichen Normen machen es schwer, sich zu entspannen, dabei wäre genau das so wichtig für unser Nervensystem und unseren Darm.

Reizdarm heilen: Geht das überhaupt?
Wenn du „Reizdarm heilen“ googelst, findest du Supplements, teure Programme, Ernährungspläne ohne Ende.
Und ich? Ich habe sie alle probiert. Die, die es vor über 10 Jahren schon gab. Heute weiß ich: Ich habe meinen Reizdarm geheilt.
Meine Heilungsgeschichte
Ich verstand, dass es keine One-Size-Fits-All-Lösung gibt, sondern dass Ernährung, Bewegung und Nervensystemarbeit zusammenkommen müssen.
Was das bedeutet?
Ich musste aufhören, auf die eine Lösung zu warten. Auf das perfekte Superfood. Die perfekte Diät. Den perfekten Trainingsplan. Stattdessen: meinem Körper wieder zuhören. Und ernst nehmen, was er mir seit Jahren sagen wollte.
Ich habe nicht plötzlich alles verändert. Ich habe langsam verstanden.
- Dass regelmäßige Mahlzeiten mich mehr stabilisieren als jedes Fasten.
- Dass mein Nervensystem keinen kalten Entzug braucht, sondern Wärme, Halt und Regulation.
- Und dass Bewegung kein Auspowern sein muss, sondern ein Ankommen im Körper.
Meine Heilung war keine Vorher-Nachher-Story.
Sie war eine Rückverbindung zu mir selbst. Zu meiner Intuition. Zu meinem Bauchgefühl – wortwörtlich. Das meine ich weder spirituell noch esoterisch.
Unser Darm bekommt alles mit:
Der emotionale Stress, den uns unser:e Partnerperson macht, der Leistungsdruck im Büro, die Dauergeräuschkulisse der Kids… all das mag mittlerweile ein Hintergrundrauschen für dich sein, aber dein Darm verdaut es die ganze Zeit!
Es gab für mich keine schnelle Lösung. Aber eine ehrliche. Welche Beziehungen tun mir nicht mehr gut? Was muss sich verändern, damit mein Darm endlich entspannen kann?
Meine Heilung begann, als ich aufgehört habe, mich als kaputt zu sehen.
Was mir wirklich geholfen hat
Definitiv nicht der nächste Eliminationsernährungsplan. Nicht das achte Nahrungsergänzungsmittel. Sondern kleine, machbare Schritte, in meinem Tempo.
Ich habe mein Nervensystem überhaupt erstmal mitgedacht. Nicht als abstraktes Konzept, sondern als das, was entscheidet, ob ich mich sicher fühle. Ob mein Körper überhaupt bereit ist, Nahrung zu verdauen.
Das hieß z. B.:
- Morgens nicht sofort aufs Handy schauen, sondern erst mal atmen.
- In Ruhe essen, ohne Scrollen oder nebenbei arbeiten.
- Keine Mahlzeiten mehr auslassen.
- Bewegung dann, wenn mein Körper danach ruft.
Und ja: Es hieß auch, Dinge loszulassen.
Den Anspruch, perfekt essen zu müssen. Die Schuld, wenn es mal nicht so lief. Die Angst vor Rückfällen.
Und Rückfälle kamen. Aber auch mehr Verständnis. Mehr Entspannung. Mehr Vertrauen:
Ich bin nicht im Krieg mit meinem Körper. Ich bin in Kontakt mit ihm.
Ernährung, die verbindet – nicht kontrolliert
Mit der Zeit hat dieser neue Kontakt zu mir selbst ganz von allein zu bestimmten Werten geführt.
Dieser Kontakt zu mir hat nach und nach ganz von selbst zu bestimmten Werten geführt. So ist die vegane, bzw. pflanzenbasierte Ernährung nicht einfach nur die nächste “Detox-Kur”, sondern das, was mein Körper wirklich möchte. Nährstoffreiche Lebensmittel, Ballaststoffe, bunte Farben!
Ich habe angefangen zu lauschen: Wann genau habe ich denn die Verdauungsbeschwerden? Welche Situationen gab es?
Ich habe angefangen, hinzuhören:
Nicht nur was ich gegessen habe – sondern wann und wie.
Denn oft ist nicht das Lebensmittel das Problem. Sondern der Kontext.
Und genau das erlebe ich auch in meiner 1:1 Begleitung immer wieder:
Darmfreundliche Ernährung braucht Verbindung – nicht Kontrolle.
Dein Körper ist nicht kaputt
Heute weiß ich:
Mein Körper war nie mein Feind.
Er war überfordert. Laut. Und ehrlich.
Und je mehr ich mich von Diätgedanken, starren Regeln und Selbstoptimierung gelöst habe, desto mehr hat sich meine Verdauung beruhigt. Nicht über Nacht. Aber spürbar und nachhaltig.
Weil ich endlich aufgehört habe, gegen mich zu arbeiten und angefangen habe, für mich zu sorgen.
Dazu zählt für mich übrigens auch der Nachmittagskaffee mit veganem Schokoteilchen, spontane Ausflüge zur nächsten Eisdiele, Kinobesuche. All das, was für mich eben Genuss und Freude ausgemacht hat. Denn Essen ist nunmal sozial und emotional. Essen ist nicht einfach nur Nährstoffaufnahme und eine Möglichkeit, satt zu sein.
Ob ich heute noch manchmal Reizdarm-Momente habe? Aber hallo! Beispielsweise wenn ich auf einer Demo war, die mich emotional berührt und aufgewühlt hat. Oder im privaten Kontext Veränderung ansteht. Aber anstatt mich für kaputt zu halten, weiß ich heute, dass mein Nervensystem mit mir spricht.
Du willst deinen eigenen Weg gehen?
Wenn du gerade an einem Punkt bist, an dem du denkst:
„Ich hab schon so viel probiert – aber es wird einfach nicht besser“, dann möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Und du bist nicht kaputt.
Vielleicht brauchst du keine neue Liste mit „verbotenen Lebensmitteln“.
Vielleicht brauchst du jemanden, der dir hilft, wieder ins Spüren zu kommen. In die Klarheit. In deinen Körper.
👉 Wenn du willst, dass ich dich auf deinem Weg begleite, buch dir gern einen kostenlosen Info-Call.
Da schauen wir gemeinsam, ob und wie ich dich unterstützen kann – ohne Druck, ohne Verkaufsmasche, aber mit viel Zuhören.
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Du musst da nicht allein durch.
Und dein Bauchgefühl darf wieder Platz in deinem Leben bekommen.
P.S.: Du bist dir nicht sicher, ob das was für dich ist? Dann komm einfach mit all deinen Fragen, Zweifeln und Bauchgefühlen in den Call. Ich weiß, wie sich das anfühlt – und genau deshalb gibt’s diesen Raum.