„Den Kampf ansagen“ oder: wie ich mich effizient stressen kann

Vor einigen Tagen machte ich einen Termin bei meiner Gynäkologin; nachdem ich meinen letzten Zyklus mit starken Endometrioseschmerzen verbracht hatte, wollte ich etwas ändern. 

„Mir reicht’s!“, dachte ich in mir und tippte energisch die Telefonnummer in mein Handy. Zack, Termin gemacht. „Okay, was kann ich noch tun, um der Endometriose den Kampf anzusagen?!“, brüllte es in mir, so dass ich davon erschrak.

„Den Kampf ansagen“? Ich sackte in mir zusammen. Ich war in eine Falle getappt, die ich nur zu gut kenne und die genau das Gegenteil von dem ist, was wir wirklich brauchen.

Kampf mit oder gegen? Und wer kämpft in welchem Team?

Das Wort „Kampf“ kommt sehr selten in meiner Welt vor. Ich denke dabei an Kriege, an Auseinandersetzungen an ein „wer gegen wen“. Es gibt in einem Kampf immer zwei Seiten. Manchmal geht es tatsächlich UM etwas, manchmal geht es mehr darum, dass die andere Seite einfach nicht gewinnt.

Ich habe „Kampf ansagen“ in eine Suchmaschine eingegeben und das waren die meisten Ergebnisse:

  • Dem Körperfett den Kampf ansagen
  • Dem Winterspeck den Kampf ansagen
  • Den weiblichen Problemzonen den Kampf ansagen
  • Dem Muskelkater den Kampf ansagen
  • Cellulite den Kampf ansagen

… das kann ich noch ewig so weiterführen.

Es geht also meistens darum, dass wir uns selbst den Kampf ansagen und einen Teil von uns besiegen wollen. Sei es unser Körperfett (das uns übrigens warm hält und versorgt, ein Energiespeicher ist und für die Bewegung notwendig ist!), unserer Haut, Muskeln. Wir sagen Erkrankungen den Kampf an, völlig missachtend, dass wir damit vor allem gegen uns selbst kämpfen.

Der Mediziner und Experte für Trauma und Süchte Gabor Maté schreibt dazu, dass wir endlich aufhören müssen, Krebs, ALS, Diabetes, Multiple Sklerose und ja auch der Endometriose den Kampf anzusagen, weil es sich dabei um eine Veränderung unseres Körpers handelt und unser Körper vor allem eines braucht: Entspannung. Keinen Stress. Stress führt nachweislich zu Erkrankungen: durch komplexe biochemische Vorgänge, in denen das Hormon-, Immun- und Nervensystem beteiligt sind. Und Kampf ist eben das: Stress.
Ein kleiner Exkurs im Nervensystem: wenn wir uns bedroht fühlen, haben wir 3 Möglichkeiten. Wir fliehen kämpfen oder erstarren. Das ist so in uns veranlagt. Um zu fliehen oder kämpfen benötigen wir Adrenalin und Cortisol. Das Sind Stresshormone, damit wir kräftig kämpfen oder flux fliehen können. Wenn wir also etwas oder jemanden den Kampf ansagen, dann tun wir genau das: wir fluten unseren Körper mit Stresshormonen. Dauerhafter Stress schwächt das Immunsystem, da es damit beschäftigt ist „zu fliehen“ oder „zu kämpfen“.

Wie soll uns also ein Kampf gesund machen?

Was brauchst du wirklich? 

Mein Papa starb letztes Jahr an Krebs. Und obwohl er früher lange Berufssoldat war, war er einer der Menschen, die am wenigsten gekämpft haben. Stattdessen tat er etwas anderes: er genoss alles, was er wollte. Er fuhr in die tollsten Urlaube, tobte mit seinen Enkelkindern, liebte seine Freundin und blieb schmusend mit ihr im Bett liegen, wenn andere Pensionierte schon lange mit der Nagelschere den Rasen schnitten. Und er machte Chemos, stellte seine Ernährung um, trank viel, machte Sport… all das, was andere als „Dem Krebs den Kampf ansagen“ bezeichnete. Er tat es mit einer lebensbejahenden Einstellung, ohne Kampf, sondern mit dem Willen, so viel aus dem Leben rauszuholen, wie ebene möglich. Nicht GEGEN etwas, sondern FÜR etwas. Wenn man mich fragt, sag ich immer, mein Papa war ein Buddha: mit seinem runden Bäuchlein, das wackelte, wenn er schallend lachte und sich selbst zitierte: „Today is life, tomorrow never comes – Bini“.

Zurück zu meinem Nicht-Kampf mit der Endometriose: Ich bestelle also Unmengen von Kurkumakapseln, Mönchspfeffer ohnehin, Magnesium, Eisen, lese mir Forschungen durch, spreche mit anderen Betroffenen von Endometriose, trinke Ananassaft (yummi!), trage die bequemsten Periodenpanties und Hosen und tue vor allem eines, das ich von meinem Papa lernte: ich genieße das Leben, reduziere den Stress und frage mich: was will ich wirklich? Was sind meine Bedürfnisse? Wie kann ich meine Bedürfnisse äußern? Wie kann ich meine Bedürfnisse erfüllen? Wie kann ich heilen?

Den Kampf anzusagen kann für manche Menschen motivierend klingen, aber es geht eben nicht ohne einen Gegner. 

Werd eine Team-Playerin

Seit ich aufgehört habe zu kämpfen, fühle ich mich weicher. Ich setze Grenzen, mit einer inneren Klarheit und zugleich Sanftheit, weil ich weiß, ich muss nicht dafür kämpfen, eine Pause zu machen, Feierabend zu haben, ein Angebot abzusagen, ein Angebot nicht nochmal zu überarbeiten, obwohl der Vertrag schon steht. Ich gehe nicht zu Kaffeetrinken, wenn ich nicht will, lasse mir kein Zeitungsabo aufschwatzen. Und ich frage um Hilfe, wenn ich merke, dass ich nicht mehr kann. Ich bin mit meinem Körper zu einem Team geworden, bei dem ich nicht „Den Magenschmerzen den Kampf ansage“, sondern zuhöre, warum sie da sind. Nicht „Dem Stress den Kampf ansage“, sondern die Signale von Herzrasen, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit wahrnehme. 

Und eben nicht „Der Endometriose den Kampf ansagen“, sondern natürlich frustriert über Schmerzen bin und fluche wie ein besoffener Seemann, Schoko-Eis schaufle und mich frage „Warum zum Teufel hat das noch niemand ausreichend erforscht?!“ – aber vor allem ganz viel Leichtigkeit in mein Leben bringe, meinen Körper unterstütze und dabei akzeptiere, dass ich auf Hilfe angewiesen bin.

Klicke HIER, wenn du auch Lust hast, endlich mehr Leichtigkeit zu fühlen, anstatt zu kämpfen, um deins zu machen.

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